Morten Ramsland / Hundsköpfe

Morten Ramsland: Hundsköpfe Inhalt:
Großmutter Bjork liegt im Sterben und möchte noch einmal die in alle Richtungen verstreute Verwandtschaft um sich haben. Auch ihr Enkel Asger, der im Ausland lebt, kehrt nach Dänemark zurück, um ihr diesen letzten Willen zu erfüllen. Während der Heimfahrt erinnert er sich an die Familiengeschichte, die vor seltsamen Gestalten nur so strotzt.
Da ist Großvater Askild, in seiner Jugend ein Schmuggler, der im KZ Sachsenhausen interniert war, im Alter ein jähzorniger Trunkenbold und nur mäßig begabter Hobbymaler, eigentlich Ingenieur, dem seine Cholerik allerdings jede Arbeitsstelle ruiniert, sodass die Familie andauernd umziehen muss. Und Großmutter Bjork, die „frische Luft aus Bergen“ in Konservendosen sammelt. Da sind Vater Niels, genannt Segelohr, der überall seine gemalten Ungeheuer hinterlässt und die beiden tättowierten Seefahrer Appelkopp und Knut. Urgroßmutter Randi, Asgers Schwester Stinne und die verführerische Cousine Signe und all die Randfiguren wie Marianne Qvist, die Liederliche Linda oder der Spundpfropfen. Und nicht zuletzt die dicke Tante, genannt Trutsche, gegen deren sexuelle Übergriffe sich der junge Asger immer wieder zur Wehr setzen muss, wenn er sich nicht grade vor den Hundsköpfen unter der Treppe fürchtet…

Meinung:
Ich habe selten eine so untypische Familiensaga gelesen.
Irgendwo zwischen Irrsinn, Komik und Tragik ist die Geschichte von Askild, Bjork, Appelkopp, Segelohr und dem Rest der Familie angesiedelt, die vom Enkel Asger quasi als Eigentherapie und Vergangenheitsbewältigung geschildert wird.
Das geschieht in einer teils chaotischen, teils unglaublich sensiblen und manchmal auch haarsträubenden Weise.
Morten Ramsland ist ein hervorragender Beobachter und kann Menschen und Situationen ganz vortrefflich skizzieren. Seine Charaktere sind nicht einfach schwarz oder weiß, sondern kunterbunt. Jeder hat sympathische, aber auch unsympathische Züge. Manchmal möchte man beim lesen einfach nur schreien (was hauptsächlich an Großvater Askild liegt), manchmal muss man schmunzeln oder lauthals lachen und an anderen Stellen wiederum fühlt man sich unwohl und ist versucht, das Buch einfach zuzuschlagen. Selten hat ein einziges Buch so viele verschiedene Eindrücke bei mir hinterlassen und ich habe unheimlich viel über die Nachkriegszeit in Skandinavien gelernt.

Der erste Satz:

Irgendwo in Ostdeutschland läuft mein Großvater über eine Ebene.

Bewertung:
Das Buch bekommt von mir 4 Sterne, weil es wirklich außergewöhnlich ist. Den Punkt Abzug gibt es eigentlich nur, weil man zeitweise ein wenig mit den vielen Familienmitgliedern überfordert ist; an manchen Stellen hätte es für meinen Geschmack ein bisschen weniger chaotisch sein dürfen. Alles in allem ein sehr lesenswertes Buch!
Nicht umsonst wurde „Hundsköpfe“ im Jahr 2005 zum dänischen „Buch des Jahres“ gewählt und erhielt auch den Buchhändlerpreis „Goldener Lorbeer 2005“ sowie den „Preis der Leser 2005“.

Titel: Hundsköpfe
Originaltitel: Hundehoved
Autor: Morten Ramsland
Taschenbuch: 480 Seiten
Verlag: Schöffling
Erscheinungsjahr: 2005
gelesen auf: Deutsch
ISBN-13: 978-3895614200

4 Gedanken zu „Morten Ramsland / Hundsköpfe

  1. Bibliophilin

    Liebe Buchjunkie,

    falls Du irgendwann mal dieses Buch aus Deinem Regal aussortieren möchtest, dann würde ich es Dir sooo gerne abnehmen. Gerne würde ich „Hundsköpfe“ lesen, auch für meine Lesereise 😉

    Alles Liebe
    Bibliophilin

    Antwort

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