Heute möchte ich ein weiteres Buchgeschenk meines großen Bruders vorstellen, erneut aus der Abteilung „hätte ich mir nie selbst gekauft“. Allerdings kann ich gleich vorweg sagen: dieses Buch ist wirklich toll und ich bin sehr froh über dieses Geschenk. 🙂

Kurzbeschreibung:
Kein Jahrgang ohne Klassenkasper, kein Kartenspiel ohne Joker, keine Regel ohne Ausnahme – Narren kommen in den besten Familien vor. In seinem aberwitzigen Kompendium der Narretei sammelt Ulrich Holbein die unglaublichen Lebensgeschichten von 555 lebenden und toten Persönlichkeiten. Er läßt unterschätzte Übermenschen aus den Nebeln der Weltgeschichte hervortreten und wirft neues Licht auf weltberühmte Heilige wie Franziskus von Assisi oder den Dalai Lama. Die Viten von Laozi, Kaspar Hauser, Peter Handke bis hin zu Osama bin Laden bieten Stoff für dieses hochamüsante und welthaltige, alphabetisch geordnete Erzählwerk. Ein gigantomanisches Sammelsurium kultureller Kuriosa, in dem sich Prinz Charles neben Sexguru Osho, Mohammed Ali neben Nina Hagen und Papst Benedikt XVI an der Seite von Till Eulenspiegel findet. Ein unverzichtbares Nachschlagewerk für alle Liebhaber kurioser Enzyklopädien, eine von Wissen strotzende Subsumierung der Torheiten und Genialitäten der Weltgeschichte, mit Geist und Witz erzählt von einem der hellsten Köpfe unserer Zeit.
Quelle: Amazon
Meinung:
Wie bei vielen Buchgeschenken meines Bruders war ich erst einmal stutzig. Narratorium? Was soll das sein? Ein lustiges Wortspiel? Ein Lexikon über Narren? Und wenn ja, wer kann da schon drin vorkommen, Till Eulenspiegel vielleicht?
Das Aufschlagen des Buches hilft dann schon weiter, denn im Vorwort erklärt sich der Autor ein wenig:
Kleine Narrenkunde für Anfänger: Die Welt wimmelt von Normalnarren und Extremnarren, und zwar jede Welt. Hinzu kommen Scheiche, Spinner und Schelme, und nicht zuletzt Oberspinner und – viele andere Sorten und Typen. Öffnest du einem die Tür, kommen 333 herein!
Gleichzeitig zeigt Holbein die Schwierigkeit der Abgrenzung zwischen Genie und Scharlatanerie auf und vergisst auch nicht, auf den Spiegel zu verweisen, in den man ab und an gucken sollte, eh man sein Urteil über die Narren und Spinner fällt.
Ums mal so zu sagen: Nach dem Vorwort ist man sich eigentlich direkt sicher, dass der Autor selbst einen Artikel in seinem Buch verdient hätte, allein schon für die Selbstbezeichnung als Wolkenkuckuck ;-).
Das ist durchaus positiv gemeint, denn wie sähe die Welt ohne diese Extremcharaktere aus, die einem doch durch ihr seltsames Verhalten immer mal wieder alles in den rechten Blickwinkel rücken, schockieren, aber auch amüsieren und irgendwie der Farbtupfer im grauen Einheitsbrei sind?
Die Auswahl der „Narren“ ist dann auch etwas überraschend, denn wer hätte schon auf Anhieb Ernst Bloch oder Elisabeth Kübler Ross zu jenen gezählt? Nach Lektüre der jeweiligen Artikel wird aber schnell klar: Narr ist, wer anders ist, wer was bewegt, wer extrem agiert (egal, ob menschenfreundlich oder menschenfeindlich), zumindest bei Holbein. Narr ist, wer die Welt verändert. Und dazu zählt laut Holbein ein Bloch ebenso wie ein Dieter Bohlen, ein Lessing wie ein Osama bin Laden oder der Dalai Lama.
Die Artikel selbst sind manchmal nicht so ganz verständlich geschrieben, bei vielen werden Vorkenntnisse vorausgesetzt und manchmal ist die Sprache des Autoren so fantasievoll, dass man dem Gedankengang nicht auf Anhieb folgen kann; an anderen Stellen ist die Wortwahl recht derbe, sodass man vielleicht beim Lesen des „Narratoriums“ nicht unbedingt Nahrungsmittel konsumieren sollte, die Flecken hinterlassen (ich bin selbst beim Artikel über Gerhard Polt zum Lama mutiert, an dieser Stelle eine ernstgemeinte Entschuldigung an meinen leidgeprüften Mann 😉 ).
Gespickt mit Aussagen anderer über die Person, Selbsteinschätzungen, Zitaten und einem Haufen Ironie macht die Lektüre aber auf jeden Fall Spaß und der eine oder andere BILD-Redakteur dürfte freudig überrascht gewesen sein, in einem „Nachschlagewerk“ zitiert zu werden ;-).
Die Aufmachung des fast zwei Kilogramm schweren „Narratorium“ ist ebenso massiv wie der Inhalt: Hardcover mit fantasievoll gestaltetem Schutzumschlag (auf der Rückseite findet sich eine Auswahl der im Buch enthaltenen Narren), Lesebändchen, hochwertiges Papier, viele Bilder.
Der Preis des Buches ist mit derzeit 39,90€ recht stolz – wahrscheinlich der Hauptgrund, warum ich es mir nicht selbst gekauft hätte.
Wer jedoch das Geld hat und sein Bücherregal mit einem außergewöhnlichen Nachschlagewerk schmücken möchte, der kann hier beherzt zugreifen.
Bewertung:
Ich gebe dem „Narratorium“ vier Sterne. Das Lesen hat Spaß gemacht, das Buch ist immer mal für zwischendurch sehr gut geeignet (am Stück lesen wird es wohl kaum jemand), aber ein paar Narren habe ich doch vermisst, während mir bei einigen wohl einfach auch das Vorwissen gefehlt hat und ich mit vielen Fragezeichen über dem Kopf erst einmal Wikipedia bemühen musste – aber so lernt man immerhin etwas dazu ;-).

Titel: Narratorium
Autor: Ulrich Holbein
Gebundene Ausgabe: 1008 Seiten
Verlag: Ammann Verlag
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3250105237