„Spätestens zehn Jahre nach der Adoleszenz bekommen die meisten von uns die Backpfeifen des ungewollten Abschiednehmens um die Ohren gehauen: der erste Job, den man verliert, ohne dass man darum gebeten hätte, die erste Flut, die das Bettchen wegschwemmt, die erste Liebe, die geht, weil sie glaubt, hinter der nächsten Ecke lauere das große Glück.
So prügelt einen das Leben langsam zu Boden, und jeder normale Mensch beginnt, Abschiede zu hassen.“
Ganz langsam und allmählich kommt meine Lust aufs Lesen zurück und zum Teil ist das der von mir sehr geschätzten Frau Berg zu verdanken, die mich mit dieser Sammlung von nachdenklichen, kuriosen und oft sehr privaten Abschiedsbriefen quasi hinter dem Nichtleser-Ofen hervorgelockt hat.
Ich fand nicht das Buch, sondern es fand mich; einsortiert zwischen den Beziehungsratgebern und der „Wie überstehe ich die Trennung“-Lektüre stand es dort in der „Psycho“-Ecke und rief „Nimm mich mit!“. Wer kann da schon Nein sagen ;-).
Klappentext:
Abschiedsbriefe sind ein Faszinosum. Sie sind voller Wahrheiten, hin und wieder auch voller Lügen. Immer aber kann man zwischen den Zeilen lesen. Sie trennen sich von Frauen und Freunden, von Autos und Aufsichtsratsposten, manchmal vom eigenen Leben. Unverblümte, intime Einsichten in die Gefühlswelten von Männern bietet Sibylle Berg mit dieser Auswahl von Briefen, die auf berührende Weise deutlich machen, wie Männer um Worte ringen, wenn der Abschied naht.
Mit Briefen von Leo Tolstoi, Edgar Allan Poe, Fernando Pessoa, Charles Baudelaire, Alain Delon, Wiglaf Droste, Karl Kraus, Moritz Rinke, Friedrich Dürrenmatt und vielen anderen mehr.
Liebevoll eingeleitet und kommentiert von einer der bekanntesten Autorinnen Deutschlands.
Quelle: Goldmann
“ Ständiges Sich-Verabschieden bekommt keinem Menschen. Schau dir die an, die ohne Besitz zwischen den Welten wandern: aussteigen, aber richtig, mal in Asien, dann in Frankreich, und immer neue Freunde – hey, wie locker, und dann sind sie vierzig Jahre alt, sehen aus wie Schrumpfköpfe und knallen sich mit Drogen voll, weil der Geist des Menschen mit zu viel überspielter Trauer nicht klarkommt.“
Genau das richtige Buch zur richtigen Zeit. Die Texte sind abwechslungsreich, unbekannte und bekannte Autoren wechseln sich ab, schreiben mal aggressiv, mal lakonisch, mal lockerflockig, mal tieftraurig über den Abschied von Dingen, Tieren, Menschen. Und beim Lesen wird einem klar: Nicht nur ich muss Abschied nehmen und dies wird auch ganz sicher nicht der letzte Abschied meines Lebens gewesen sein, es sei denn, der nächste Abschied würde mein eigener werden. Das ganze Leben besteht aus den verschiedensten Abschieden und es geht trotzdem immer weiter. Irgendwie.
Danke, Frau Berg!
Titel: Das war’s dann wohl. Abschiedsbriefe von Männern.
Autorin: Sibylle Berg
Taschenbuch: 208 Seiten
Verlag: Goldmann Verlag (11. Mai 2009)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3442155675