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Stephen King/ Doctor Sleep

Aus dem kleinen Danny Torrance, der vor über 30 Jahren im Hotel Overlook gegen seinen wahnsinnig gewordenen Vater ums Überleben ankämpfen musste, ist ein erwachsener Mann geworden. Dan ist Krankenpfleger, und ihn verfolgt nicht nur die Vergangenheit, sondern auch der Dämon Alkohol. Ohne es zu wollen, ist er seinem Vater immer ähnlicher geworden.

Ruhelos zieht er von Ort zu Ort, immer auf der Flucht vor seinem „Shining“, das er mit Drogen und Alkohol zu betäuben versucht – aber vor sich selbst kann man nur schwer davonlaufen.
Schließlich landet er als Pfleger in einem kleinen Ort in New Hampshire und entdeckt sein besonderes Talent, Sterbenden den Übergang zu erleichtern, was ihm den Spitznamen „Doctor Sleep“ einbringt. Er nimmt den Kampf gegen seine Sucht auf, findet Freunde, ein Zuhause – und jemanden, der ihm sehr ähnelt und seine Hilfe benötigt …

Stephen King/ Doctor Sleep

Ich kann mich kaum erinnern, schon mal so weit auseinanderklaffende Meinungen zu einem King-Buch gelesen zu haben. Die einen finden es so richtig scheiße, die anderen finden es fantastisch. Und ich siedel mich irgendwo dazwischen an.
Der größte Wurf von Stephen King ist es meines Erachtens nicht, auch wenn man wirklich beim Lesen gespürt hat, wie sehr ihm das Buch und die Geschichte am Herzen liegen und dass er unbedingt die Geschichte von Dan(ny) weitererzählen wollte. Die ersten 2/3 des Buches haben mir unheimlich gut gefallen, da stimmte alles, die Geschichte war gut strukturiert und fesselte mich. Und dann kam, was bei King ja leider öfter mal passiert: ein rapider Absacker.
Ich fand die letzten rund 150 Seiten einfach nur nervig.
Zu viele gewollt-spannungsgeladene Andeutungen, zerhackstückelte Kapitel und, auch das hat leider mittlerweile Tradition, eine immer schlechter werdende Übersetzung. Ich fand Dan nur noch nervig, ich fand Abra unerträglich und der zuvor doch ziemlich interessante „Wahre Knoten“ … naja. Schade.
Ich bin wirklich ein riesiger King-Fan, das wird sich in diesem Leben auch ganz sicher nicht mehr ändern, und ich hatte mich wahnsinnig auf die Fortsetzung von „Shining“ gefreut. Mich hat auch gar nicht gestört, was so viele andere Leser kritisieren, nämlich, dass der (christliche) Einfluss der Anonymen Alkoholiker sich mittlerweile zu stark in Kings Büchern widerspiegelt. Das finde ich im Grunde ok, die AA haben ihm geholfen, gesund zu werden und überhaupt noch am Leben zu sein, natürlich hat das Einfluss auf ihn.
Aber vielleicht sollte er sich wieder mehr Zeit beim Schreiben lassen. Die Bücher kommen in einem solchen Tempo heraus, dass es eigentlich nicht verwundern kann, dass das, was stark beginnt, zum Ende hin derart absackt. Offenbar versucht King, noch so viele Geschichten wie irgend möglich aufs Papier zu bekommen; und dafür sollten wir Leser eigentlich dankbar sein. Dennoch – ich würde bereitwillig auf einige Bücher verzichten, wenn sich dadurch die Qualität konstant hielte.

Autor: Stephen King
Titel: Doctor Sleep
Originaltitel: Doctor Sleep
Gebundene Ausgabe: 704 Seiten
Verlag: Heyne Verlag
gelesen auf: Deutsch
ISBN-10: 3453268555

Miriam Pielhau/ Radiergummitage

„Radiergummitage. So hießen Tage, die ein Fall waren für den Radiergummi des Universums. Tage, die Maja Pauly im Kalender gedanklich mit lauter wütendem Gekrickel überzogen hatte, weil sie dem ureigenen Maßstab nach misslungen waren. Wobei sie persönlich für dieses Misslingen verantwortlich war. Und zwar allein.“

Miriam Pielhau: RadiergummitageMaja ist Single, Schauspielerin an einem Braunschweiger Theater und hat bereits Zeit ihres Lebens eine unglaubliche Abneigung gegen die Zahl 35. Sie meidet sie, wo es nur geht, ist sogar einmal nicht in eine Traumwohnung gezogen, weil das Haus die Nummer 35 trug. Nun wird sie jedoch 35 Jahre alt und kann dieser Zahl schwerlich entgehen.

Um das Jahr mit der „35“ besser zu überstehen, überlegt sie sich, sich selbst jeden Monat eine Aufgabe zu stellen, die es zu meistern gilt. Aufgaben, die es in sich haben, bei denen sie etwas tun muss, das sie bislang noch nie getan hat, die sie aus ihrer Komfortzone herausbringen und ihren Horizont erweitern. Unterstützt wird sie dabei von ihren Freundinnen und der 85jährigen Nachbarin und Zieh-Oma Lina …

Da ich selbst kürzlich 35 Jahre alt wurde und kinderloser Single bin, klang die Thematik des Buches für mich recht verlockend, vor allem, weil man gleich zu Beginn des Buches erfährt, dass die Autorin alle beschriebenen Aufgaben selbst gemeistert hat.
Miriam Pielhau hat, wie ich finde, eine angenehme Art zu schreiben, ungeschnörkelt, frisch, das Buch liest sich flott und enthält einiges an Umgangssprache.
Mit der Handlung an sich und der Protagonistin bin ich leider dennoch nicht so richtig warm geworden. Vermutlich hatte ich ein Buch erwartet, mit dessen Hauptakteurin ich mich irgendwie identifizieren könnte, dies ist hier aber so gar nicht der Fall.
Viele Rezensenten bezeichnen das Buch als „urkomisch“, so weit würde ich jedoch nicht gehen. Es ist bisweilen amüsant, aber wirklich zum lachen hat es mich nicht gebracht und auch nennenswerte neue Einblicke und Sichtweisen habe ich nicht gewonnen. Ein wenig schade fand ich, dass der Titel (und damit die Beschreibung von Tagen, die man am liebsten aus dem Kalender ausradieren würde), nur am Anfang aufgegriffen wird und dann dieser Zusammenhang, der ein roter Faden hätte werden können, verloren geht.

Ich hatte einen kurzweiligen Nachmittag mit dem Buch, dauerhaft in Erinnerung bleiben wird es mir über den Titel hinaus allerdings wohl eher nicht.

Drei Sterne.

3sterne

Autorin: Miriam Pielhau
Titel: Radiergummitage
Broschiert: 352 Seiten
Verlag: DuMont Buchverlag
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3832162627

Toby Barlow/ Baba Jaga

Toby Barlow/ Baba JagaWill, ein mäßig erfolgreicher amerikanischer Werbetexter, lernt im Paris der 50er Jahre die bezaubernde Zoja kennen.
Was er nicht weiß: Zoja ist eine russische Hexe, die seit Jahrhunderten um keinen Tag gealtert ist, sich von reichen Männern aushalten lässt und diese irgendwann „entsorgt“. Unglücklicherweise war sie bei ihrem letzten Liebhaber ein wenig ungeschickt und hat nun die Polizei auf den Fersen.
Doch auch Will ist nicht das, was er auf den ersten Blick zu sein scheint, denn hinter der Fassade des Werbetexters versteckt sich ein CIA-Agent, dem das Glück in letzter Zeit allerdings nicht sonderlich hold war und der sich ebenfalls vor einigen Leuten verstecken muss …

„Ein heißes Bad erinnerte sie fast immer an die grimmige, eisige Kälte, die im Laufe der Jahre so oft die Fänge in ihre Knochen geschlagen hatte. Sie musste mit diesen Erinnerungen vorsichtig sein. Wenn sie sie unerwartet überfluteten, ausgelöst vielleicht durch etwas so Geringfügiges wie den Duft blühender Nelken oder den Geschmack von Anis, konnten sie sie überwältigen und ihr die Kräfte rauben. Aber sich jene tödlichen Tage von Eis und Kälte ins Gedächtnis zu rufen, während sie behaglich in einem warmen Bad lag, fühlte sich ungefährlich an. Es war so, als würde der wilde Jäger Frost sie, von der dichten Wolke aufsteigenden Dampfs umwallt und umhüllt, nicht finden können.“

Ich war sehr gespannt auf „Baba Jaga“, hatte ich doch nur Gutes über dieses Buch gehört, ja, regelrechte Begeisterungsstürme. Seit meiner Kindheit liebe ich Geschichten über die Baba Jaga und alleine deswegen musste ich dieses Buch lesen.
Leider kann ich mich nicht so wirklich den Begeisterungsstürmen anschließen. Die Rahmenhandlung hat mir gefallen, allein die Idee schon, Baba Jaga meets CIA-Agent.
Toby Barlow kann sehr schön schreiben, gar keine Frage, vor allem gefällt mir das Vokabular, seine Sätze klingen melodisch und geschmeidig; dennoch wurde ich mit dem Buch nicht so richtig warm. Die immer wieder eingestreuten Rückblenden, die Hexenlieder und das oft langatmige Geschehen haben es mir nicht ermöglicht, in die Geschichte einzutauchen, irgendwie war mir das alles zu durcheinander und es tauchten zu viele Personen auf.
„Baba Jaga“ ist ein nettes Buch, aber nachhaltig in Erinnerung wird es mir eher nicht bleiben.

Drei Sterne.
3sterne


Autor:
Toby Barlow
Titel: Baba Jaga
Originaltitel: Babayaga
Gebundene Ausgabe: 544 Seiten
Verlag: Atlantik
Gelesen auf: Deutsch
ISBN-13: 978-3455600001

Akif Pirinçci/ Göttergleich. Ein Felidae-Roman.

Akif Pirinçci: Göttergleich

Keine Zeit, keine Zeit …

Kater Francis, Protagonist der Felidae-Reihe, ist in die Jahre gekommen. Für Abenteuer fühlt er sich längst zu alt, doch dann katapultiert ihn ein Unfall wieder mitten hinein: Auf einmal läuft die Zeit rückwärts – zumindest jeweils für acht Minuten und sechsundfünfzig Sekunden. Francis hält sich selbst schon für senil und seine Familie schickt ihn zu einer Art „Katzenpsychiater“, doch natürlich steckt hinter den Zeitreisen sehr viel mehr, wie Francis schon bald herausfindet …

Ich habe die ersten vier Bände der Felidae-Reihe geliebt, was für fantastische Katzen-Krimis waren das!
„Göttergleich“ ist nun Band sieben, der achte Band ist bereits in Vorbereitung … doch schon seit Band fünf ist für mich irgendwie die Luft raus.
Akif Pirinçci schreibt ganz wunderbar, daran hat sich nichts geändert, eher im Gegenteil.
Aber was zu Beginn den Reiz der Reihe ausmachte, dieser freche, kluge, gewitzte, mutige Kater, der Abenteuer erlebt, der die Grenzen des Kätzischen immer wieder überschreitet, indem er z.B. im Flugzeug heimlich mitreist oder lernt, einen Computer zu bedienen, dabei aber trotzdem die ganze Zeit hier in unserer Welt ist, das wird nun zunehmend zur Luftnummer. Ein bisschen Fantasy – ok, aber inzwischen wird die Felidae-Reihe eindeutig zu sehr Fantasy, fast schon Science Fiction; nichts mehr vom ursprünglichen Krimi-Stil zu finden. Alles wirkt überzogen, nichts ist mehr realistisch und Francis ist kein gewitzter Detektiv, sondern ein alter, tölpelhafter, ungeschickter Katzenherr, der von einem Unglück ins nächste stolpert.

Vielleicht sollte Francis endlich in den wohlverdienten Ruhestand geschickt werden. Ich für meinen Teile werde keine weiteren Bände mehr lesen, denn ich möchte Francis als den in Erinnerung behalten, als der er sich einst in mein Leserherz gestohlen hat.

Drei Sterne. Sprachlich wie gewohnt gut, aber als Fortsetzung der Francis-Reihe eine Katastrophe. Selbst die Untigerin ließ sich nur mit Tricks zu Coverfotos überreden …
3sterne

 

Autor: Akif Pirinçci
Titel: Göttergleich. Ein Felidae-Roman.
Gebundene Ausgabe: 336 Seiten
Verlag: Heyne Verlag
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3453268463

Maya Onken/ Nestkälte. Vom Lügen, Betrügen und Verzeihen.

Maya Onken: Nestkälte. Alé führt eine festgefahrene Ehe und so kommt es zu dem, was eigentlich zu vermeiden ist, nämlich einem Seitensprung. Zu groß ist die Kälte innerhalb der Beziehung, zu sehr vermisst Alé (als Stellvertreterin für viele sich als vernachlässigt betrachtende Ehefrauen) das Prickeln, die Spannung, die Begierde. Und doch wünscht sie sich eigentlich nichts mehr, als mit ihrem Mann und der gemeinsamen Tochter ein glückliches Leben zu führen.

Er scheint in einer anderen Welt zu leben. Am Morgen geht er in seine Computerfirma, und am Abend kommt er zwar nach Hause, aber seine Gehirnausläufer sind immer noch im Office. Er quatscht mich und Lea dann voll über Meetings, den doofen Chef, den idiotischen Programmierer. Er erzählt von der Implementierung eines neuen Programms bei einem wichtigen Kunden und kündigt somit seine nächsten Absenzen an – und merkt dabei nicht, dass ich beim Friseur war und extra für ihn den Lippenstift weggelassen haben.

Die Problematik werden sicher viele kennen, die sich in langjährigen Beziehungen befinden oder befunden haben. In unserer Gesellschaft ist das „… und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ längst überholt. Wir leben schneller, wir leben intensiver, wir erwarten mehr – auch von unseren Beziehungen. Und wenns total schief geht, gibts ja noch die Scheidung … (an dieser Stelle mag mir ein Hauch Zynismus verziehen sein). Anstatt aktiv zu reparieren, wird zerstört und alles auf Anfang gesetzt.
Ich lehne mich jetzt mal aus dem Fenster und sage (ebenso wie die Autorin es m.E. transportiert):
Jeder steht irgendwann mal auf einer der beiden, wenn nicht sogar auf beiden Seiten – als der, der betrügt und der, der betrogen wird. Beides ist schwer, beides tut weh, mit beidem müssen alle Beteiligten fertig werden. Dass das nicht immer einfach ist, versteht sich wohl von selbst.

Maya Onken hat mit diesem Buch ihren zweiten Roman über Alé und deren Liebesleben abgeliefert, auch wenn „Ratgeberroman“ wohl besser passt, wie es der liebe Flattersatz in seiner Rezension so schön gesagt hat. So gibt es zum Buch dazu ein kleines Büchlein im Hosentaschenformat, in dem die Autorin alle Seiten der Dreiecksbeziehungen beleuchtet, auch die unvermeidliche Schuldfrage, und wertvolle Hinweise gibt und Beratungsstellen nennt. Wer will schließlich schon beim Fremdgehen erwischt werden (sorry, wieder dieser zynische Unterton …).
Auch schlägt Maya Onken im gesamten Buch einen Ton an, den ich irgendwo zwischen erzählend, beratend und aufklärend-erläuternd anordnen würde; manchmal ist mir die Sprache zu gewollt, irgendwo zwischen flappsig und hochgestochen; in jedem Fall ein für mich gewöhnungsbedürftiger, ungewöhnlicher Schreibstil.
Man merkt ihrer Schreibe deutlich den pädagogischen Background an.
Maya Onken lässt ihre Protagonistin alles analysieren, reflektieren, auswerten – für meinen Geschmack ein wenig zu sehr, worunter auch die erzählerische Ebene leidet. Für alles hat sie Fallbeispiele in Form von Freundinnen, alles wird bis ins Kleinste auseinandergenommen und systematisiert. Vielleicht wäre eine Markierung als Ratgeber treffender gewesen; ich sortiere das Buch hier im Blog kurzerhand in beide Rubriken ein, als Ratgeber UND als Roman.

Es ist mir, trotz eines guten Beginns, nicht gelungen, eine Verbindung zu Alé aufzubauen, weder im Positiven noch im Negativen. Ich blieb nach dem Lesen zurück mit dem Gefühl: Joa. Nett. Aber ein Roman war das jetzt nicht wirklich und eine Initialzündung hat das Buch auch nicht ausgelöst.
Wenn überhaupt, haben mich einige Dinge ziemlich sauer gemacht und daran erinnert, dass ich in meinem Denken und Beziehungsleben offenbar naiv-konservativ bin und nicht schwarz-weiß denke; bei Problemen gibt es in meinen Augen immer zwei Beteiligte und Probleme sind auch nur zu lösen, indem beide daran arbeiten. Gemeinsam. Keiner sollte sich für den Partner aufgeben, aber beide müssen sehr wohl investieren: Gefühle, Zeit, Achtsamkeit.
So gesehen muss ich der Autorin dann doch zugestehen, dass sie mich schon emotional gepackt hat – wenn auch wohl anders als erhofft.

Um es deutlich zu sagen: Ich habe ja in den letzten Jahren einiges zur grundlegenden Thematik gelesen (aufmerksamen LeserInnen wird dies wohl nicht entgangen sein und sie werden ihre -wohl treffenden- Rückschlüsse gezogen haben …) und sollte ich ein Buch empfehlen – „Nestkälte“ wäre es wohl eher nicht.
Das mag bei jemandem, der sich noch so gar nicht mit Affairen, Seitensprüngen, Beziehungsdramen und dergleichen, vor allem deren Folgen befasst hat, ganz anders sein und ich kann mir gut vorstellen, dass das Buch vielen Frauen in festgefahrenen Beziehungen helfen kann, sich zu sortieren.
Ich war dafür offenbar nicht die richtige Leserin, vielleicht gerade weil ich nicht unbelastet an das Thema herangehen konnte.

Maya Onken: Nestkälte.

Ich gebe dem Buch drei Sterne. Auch wenn ich mit der Protagonistin nicht warmgeworden bin, ist es stilistisch doch interessant zu lesen und sprachlich sauber aufgebaut.
3sterne

Eine sehr schöne (und wie immer umfassende) Rezension zu dem Buch gibt es beim lieben Blogger-Kollegen Flattersatz zu lesen, auf den ich an dieser Stelle nachhaltig verweisen möchte, allein schon, um auch die männliche Sicht auf das Buch kennenzulernen :D.

Autorin: Maya Onken
Titel: Nestkälte. Vom Lügen, Betrügen und Verzeihen.
Broschiert: 250 Seiten
Verlag: Xanthippe
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3905795240

E.M. Delafield/ Tagebuch einer Lady auf dem Lande

Im England der 1930er Jahre lebt eine waschechte Lady zusammen mit Familie und Bediensteten in der Provinz auf dem Lande. Eifrig schreibt sie Tagebuch und hält darin alles fest, was ihren Alltag ausmacht, angefangen bei der richtigen Sorte von Hyazinthenzwiebeln über den Tratsch der Gesellschaft bis zu ihrer Intimfeindin, der „grässlich perfekten Lady B.“.

Tagebuch einer Lady auf dem Lande von E M Delafield Wer die Serie „Downton Abbey“ mag, die momentan wohl eine der beliebtesten Fernsehserien weltweit ist, der könnte vermutlich auch Gefallen am „Tagebuch einer Lady auf dem Lande“ finden.

E.M. Delafield, Tochter eines französischen Grafen und einer britischen Schriftstellerin, beschreibt darin in Tagebuchform das Leben als Dame der Gesellschaft. Dies macht sie auf durchaus amüsante Weise und so liest sich das Buch auch gemütlich an einem Nachmittag weg, kommt allerdings auch ohne nennenswerte Höhen und Tiefen aus.
Es ist eben genau so, wie man sich die adlige britische Gesellschaft der damaligen Zeit vorstellt: Gesittet, höflich, charmant und gewürzt mit einer Prise trockenen englischen Humors.

Spannend finde ich die Tatsache, dass die Autorin, die in Großbritannien bis heute sehr bekannt ist, ihre autobiographischen Geschichten ursprünglich als Kolumne für eine feministische Frauenzeitschrift schrieb und während des Zweiten Weltkriegs für das britische Informationsministerium arbeitete, dessen Aufgabe hauptsächlich in der Informationsüberwachung und der Verbreitung von Propaganda lag.

3sterne
3 Sterne.

Autorin: E.M. Delafield
Titel: Tagebuch einer Lady auf dem Lande
Originaltitel: Diary of a Provincial Lady
Gebundene Ausgabe:
208 Seiten
Verlag: Manhattan
gelesen auf: Deutsch
ISBN-13: 978-3442546916

S. J. Watson / Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Unser Leben besteht aus Erinnerungen – doch was sind wir, nimmt man sie uns? Sind wir noch wir selbst, wenn wir uns an nichts erinnern?

Christine erlebt genau das. Jeden Morgen wacht sie auf, in einem Zimmer, das ihr fremd ist, neben einem Mann, an den sie sich nicht erinnern kann, zwanzig Jahre älter, als sie zu sein glaubte. Jeden Tag versucht sie, sich an ihr Leben zu erinnern und jede Nacht werden die Erinnerungen aufs Neue aus ihrem Gedächtnis gelöscht. Christine leidet an einer seltenen Form der Amnesie, die Ärzte sind ratlos. Bis ein junger ambitionierter Arzt einen Weg findet, zu Christine und ihren verdrängten Erinnerungen durchzudringen. Doch die ersehnte Wahrheit, wie es zu ihrer Amnesie kommen konnte, birgt manches unangenehme Geheimnis …

Es war das Cover, das mich magisch anzog. Ich kann wohl froh sein, dass es in dieser Form im Laden lag und nicht in der inzwischen verbreiteteren Variante, denn das blaue Cover hätte mich das Buch wohl nicht einmal in die Hand nehmen lassen. Der Klappentext klang viel versprechend und auch der Beginn des Buches konnte mich fesseln. Was Christine erlebt, ihre Verwirrtheit, ihre verzweifelten Versuche, sich zu erinnern, dringen durch die Wahl des Präsens und die Ich-Form gut zum Leser durch, man ist quasi direkt dabei, begleitet Christine durch den Tag. Die Erinnerungen selbst werden in der Vergangenheitsform geschildert, was natürlich nur logisch ist – doch leider liegt auch genau darin die Schwäche des Buches. Der mittlere Teil besteht praktisch nur aus diesen Rückblicken und zieht sich stellenweise wie zäher Kaugummi.  Meiner Meinung nach hätte hier gut gestrafft werden können, es kommen einfach viel zu viele Wiederholungen auf, die zwar Christines Lage gut verdeutlichen, den Lesefluss und v.a. die Spannung aber extrem ausbremsen. Ich hatte zwischendurch kaum noch Lust, weiter zu lesen, doch zum Glück habe ich es getan, denn zum Ende steigert sich wieder das Tempo, wird die Erzählung wieder packend und das Buch wartet mit einer fulminanten Überraschung auf.

Der erste Satz:

Das Schlafzimmer ist seltsam.

Die Grundidee des Buches ist toll, die Erzählart weist jedoch Schwächen auf, die das Ende zum Glück einigermaßen ausgleichen kann. Nichtsdestotrotz reicht es so nur für drei Sterne.

Autor: S.J Watson
Titel: Ich. Darf. Nicht. Schlafen.
Originaltitel: Before I go to Sleep
Broschiert: 464 Seiten
Verlag: Scherz
gelesen auf: Deutsch
ISBN-13: 978-3651000087

Danijela Pilic / Yoga Bitch

Wer „in“ ist, macht Yoga. Ob nun Stars wie Madonna oder die stylishe Großstadtfrau aus Berlin. Wobei „Yoga machen“ es nicht ganz trifft; manche Frauen leben Yoga. Nicht in der ursprünglichen Weise, sondern eher im durchaus weltlichen Stil, der vor allem darauf abzielt, einen knackigen Hintern und straffe Kurven zu bekommen. Dazu gehören nicht einfach nur die Asanas, sondern auch die Wahl des richtigen Lehrers, des richtigen Studios, der richtigen Klamotten, des richtigen Essens. Und wenn frau nicht aufpasst, erweitert sich das Ganze schnell hin zur Wahl des richtigen Schönheitsdoktors und sie selbst wird zur Yoga Bitch …

Yoga Bitch, die: (ugs.)
Frau über 30 auf der Suche nach ihrem perfekten Selbst. Dafür ist sie bereit, nie wieder Kohlenhydrate zu essen, chemische Peelings und Radiofrequenztherapie durchführen zu lassen und fünfmal die Woche ins Yoga zu gehen, um fit auszusehen und nebenbei noch die Erleuchtung zu erlangen.

Danijela Pivic beschreibt in dem Buch ihre eigenen Erfahrungen und die ihres Freundinnenkreises mit dem Yoga-Lifestyle. Das ist manchmal recht erheiternd, an vielen Stellen macht es jedoch nachdenklich. Der spirituelle Aspekt bleibt nahezu vollkommen auf der Strecke, dafür konzentriert sich das Buch viel mehr auf den ICH-Kult, den immer mehr Frauen in den thirtysomethings betreiben. Frau muss gesellschaftlichen Anforderungen entsprechen, Erfolg im Beruf haben, Partner, Familienplanung, gutes Aussehen, gutes Auftreten und das -bitte schön- auch noch komplett im Reinen mit sich selbst, ausgeglichen und entspannt. Das stellt für die Frauen, die sich darauf einlassen, eine Überforderung dar – es ist doch auch schlichtweg übermenschlich, all diesen Dingen gerecht zu werden. Die Frage ist: Wollen wir das?

Danijela Pivic möchte das im Buch zunächst nicht. Dann leckt sie Blut und begibt sich in den Hype rund um die Selbstoptimierung, will nicht nur die überflüssigen Pfunde killen, sondern sich selbst auf das bestmögliche Maß trimmen, angefangen beim idealen Hintern über die Zahnkorrektur bis hin zur Botoxbehandlung, nur um am Ende festzustellen, dass der einzige Weg zum Glück die Zufriedenheit ist.

Ursprünglich hatte ich mir das Buch in der Annahme gekauft, es ginge wirklich intensiv um Yoga und war dann doch einigermaßen überrascht vom breiten Spektrum der „Yoga Bitch“ und der Abwesenheit der eigentlichen Yoga-Philosophien.
Manche Kapitel haben mir gut, manche weniger gut gefallen.
Alles in allem berichtet das Buch doch eher von Frauen, die es sich leisten können, mal eben 200 Euro für Yoga-Hosen auszugeben und bei denen Optik und Status im Vordergrund stehen. Da zähle ich mich nicht unbedingt zu, von daher war einiges doch sehr befremdlich für mich.
Das wirklich Erschreckende war dann allerdings, dass ich mich immer wieder selbst dabei ertappt habe, bei Selbstoptimierungsschilderungen zu nicken oder für mich zu denken „Stimmt, es reicht nicht wie ich bin, ich muss besser sein“. Glücklich all jene Frauen, die von diesen Gedanken frei sind!
Ich begann unweigerlich, einige meiner Verhaltensweisen zu hinterfragen, auch wenn ich weit von dem entfernt bin, was die Autorin in ihrem Buch schildert und mich auch nicht zu dem beschriebenen Typ Frau zähle, der dem aktuellen Schönheitsideal hinterherhechelt und für die Optik auch immense Schulden in Kauf nimmt.

Besonders gut gefallen haben mir die immer wieder eingestreuten Fakten und die „Aufklärungskästchen“ (so nenne ich sie einfach mal), in denen beispielsweise Unterschiede zwischen Couch Potatoes und Fitness Freaks und die Eigenarten des „Lebenswandel-Schizos“ erklärt werden oder Auflistungen zum Thema „sie sagen – sie meinen“ zu finden sind.

Leider wirkte der Text auf mich an vielen Stellen zu sehr distanziert, zu sachlich für eine Erlebnisschilderung.
Alles in allem ist das Buch jedoch recht unterhaltsam, hält so manchen AHA-Effekt parat und regt auch zum reflektieren und nachdenken über das eigene Leben, das persönliche Schönheitsideal und eigene Verhaltensweisen an.

Bewertung:
Drei Sterne.

Titel: Yoga Bitch
Autorin: Danijela Pivic
Taschenbuch: 250 Seiten
Verlag: mvg Verlag (15. November 2010)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3868822038

Pedersoli, Carlo: Bud Spencer – Mein Leben, meine Filme – Die Autobiographie

Inhalt: Mein Leben, meine Filme – Die Autobiografie ist Bud Spencers spannender Rückblick auf sein Leben. An seinem 80. Geburtstag begibt sich der Schauspieler nach einem Anruf in das Hallenbad seiner Jugend, wo ein gutaussehender, unerlaubt rauchender und leicht überheblicher Schwimmsportler Anfang 20 auf ihn wartet – er selbst. Erzählerisch lässt Bud Spencer die Stationen seines Lebens für sein jüngeres Ich Revue passieren: Carlo als Kind in Neapel, die prägenden Jahre in Rom, die Zeit in Südamerika, seine Schwimmerfolge, das Studium, die Familie, die Geburt von »Bud Spencer«, die Zusammenarbeit mit Terence Hill, seine Solokarriere und die vielen Unternehmungen, mit denen er sich immer wieder selbst herausforderte.

Quelle: Schwartzkopf Verlag

Meinung:
Ich bin -wie wohl so viele andere auch- ein riesiger Fan von Bud Spencer. Ich habe seine Filme als Kind über alles geliebt und ich sehe sie auch heute noch gerne; es muss schließlich nicht immer intellektuell oder wahnsinnig anspruchsvoll sein. Manchmal tut es gut, so einen Film zu sehen, in dem die Bösen einfach böse und die Guten einfach gut sind, in dem jeder seine gerechte Strafe bekommt, ganz ohne Blutvergießen und auf amüsante Art und Weise.

Da war es ganz klar, dass ich dieses Buch direkt am Erscheinungstag in Händen halten musste.
Gelesen war es dann auch ganz schnell, allzu umfangreich ist es ja nicht und es liest sich flüssig und entsprechend flott.

Wirklich glücklich bin ich mit dem Buch allerdings nicht und das gleich aus mehreren Gründen.
Beispielsweise berichtet Pedersoli im Buch, dass er sich in seinem ganzen Leben nur zweimal geprügelt hätte und beschreibt beide Situationen – um dann im späteren Verlauf noch von dieser und jener weiteren Prügelei zu erzählen.
Mag für manche nur eine Kleinigkeit sein, bei mir stellt sich da dann aber die Frage, ob alle niedergeschriebenen Erlebnisse wirklich so glaubwürdig sind und bei einer (Auto)Biographie erhoffe ich mir doch Authentizität und keine Märchenstunde.
Dazu kommt, dass das gesamte Buch auf mich den Eindruck macht, als wäre es in Windeseile zusammengeschustert worden. Ich wurde den Eindruck nicht los, dass da jemand wirklich dringend Geld benötigt und ein paar Suchbegriffe bei Google später bestätigte sich dieser Eindruck dann leider.

So wirklich ins Detail geht Pedersoli wohl bei seinen Filmen, aber persönlich dann doch eher nicht. Es bleibt irgendwie oberflächlich, so richtig schlau werde ich aus dem Menschen Pedersoli nach der Lektüre nicht.
Was er berichtet, wirkt oft jovial, ganz nach dem Motto „Ich möchte mich ja nicht selbst loben und bin ja ein bescheidener Mensch, aber jetzt lobe ich mich doch mal“. Wobei ich mich daran gar nicht mal störe, es passt irgendwie, diesen Eindruck hat der Autor auf mich schon öfter in Interviews gemacht und ich finde das eigentlich ein bisschen typisch neapolitanisch und nicht schlimm – aber man wird eben auch nicht so wirklich schlau daraus.

Von einer Autobiographie erhoffe ich mir im Grunde, den Menschen, der da schreibt, nach der Lektüre besser zu „kennen“. Nicht nur seinen Lebenslauf, den man überall nachlesen kann, nicht nur seine beruflichen Erlebnisse, sondern eben den Menschen, auf ganz persönlicher Ebene. Das war hier leider nur sehr begrenzt der Fall. Aber immerhin weiß ich jetzt, dass Carlo Pedersoli entgegen anders lautender Gerüchte keinen Doktortitel sein Eigen nennt. Schade eigentlich, diese Legende fand ich immer ganz herzig ;-).
Ebenso lernt man viel über das italienische Filmbusiness, auch die Abstecher in die Musik fand ich wirklich spannend (wusstet ihr, dass die Filmmusik zu „Banana Joe“ größtenteils von Bud Sencer himself stammt?) und nicht zuletzt fand ich die Zusammenstellung der Bilder auch recht gelungen.

Trotz meiner Kritikpunkte hoffe ich auf eine Art Fortsetzung, denn an meiner Verehrung für Carlo Pedersoli alias Bud Spencer hat sich auch jetzt nichts geändert und ich werde ganz sicher auch ein weiteres Buch von ihm kaufen, so es denn erscheinen sollte.

Und zum Geburtstag wünsche ich mir diese Tasse. 😀

Bewertung:
Ich würde gerne mehr geben, aber objektiv betrachtet sind drei Sterne wirklich schon gut und mehr geht einfach nicht.

Autor: Carlo Pedersoli
Titel: Bud Spencer. Mein Leben, meine Filme – Die Autobiographie
Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
Verlag: Schwarzkopf & Schwarzkopf
gelesen auf: Deutsch
ISBN-13: 978-3862650415

Stephen Kelman / Pigeon English

Ich kann furzen, dass es sich wie ein Specht anhört. Ichschwör, es stimmt.

Harri ist 11 Jahre alt und lebt noch nicht lange in London. Er stammt aus Ghana und lebt nun seit einiger Zeit mit seiner Mutter und der Schwester im 9. Stock eines Londoner Sozialbaus. Stolz ist er auf seine Turnschuhe, die er mit selbstgemalten Adidas-Streifen versehen hat, er liebt den Aufzug und seine Taube. Doch er versteht die neue Welt um ihn herum nicht. In dem Viertel herrscht ein rauer Ton, die meisten Menschen sind illegal eingewandert, niemand hat genug Geld, die Mädchen werden jung schwanger und dann wird auch noch ein Nachbarsjunge auf offene Straße erstochen – und niemanden kümmert es. Niemanden, außer Harri, der auf seine eigene Weise Ermittlungen anstellt und zu verstehen versucht, wer gut ist und wer böse, wer lügt und wer die Wahrheit sagt.

Der erste Satz:

Du konntest das Blut sehen.

Meinung:
Harri ist ein netter Junge – und er macht sich Gedanken. Das hebt ihn schon sehr von seinem Umfeld ab. Er sieht die Welt mit Kinderaugen. Klar, er ist ja ein Kind. Was er da sieht, sollten Kinder allerdings nicht zu sehen bekommen: Kriminalität, Gewalt, Gettoleben in Reinform.
Das Buch hinterlässt immer wieder ein beklemmendes Gefühl, zeigt es doch eine Welt, die zum Glück nur die wenigsten von uns aus eigener Erfahrung kennen.
Doch ist am Anfang dieser „Harri-Sprech“ noch irgendwie niedlich, fand ich genau das am Ende einfach nur noch nervig; es hat mich zunehmend an die Jahre in Berlin erinnert, in denen ich „Alder!“ und „Ichschwör!“ viel zu oft auf der Straße und in der U-Bahn hören musste.
Daher bin ich etwas hin- und hergerissen. Thematisch hat mir das Buch gut gefallen, allerdings war die Schreibe wirklich so gar nicht mein Ding.

Bewertung:
Drei Sterne.

Da der Schreibstil vielleicht nicht jedermanns Sache ist, empfehle ich, vorab die Leseprobe zu konsultieren.

 

Titel: Pigeon English
Autor: Stephen Kelman
Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
Verlag: Berlin Verlag
gelesen auf: Deutsch
ISBN-13: 978-3827009753